Sie sind weit über die Grenzen von Rheinland-Pfalz als Scrum Master tätig. Was waren Ihre persönlichen Beweggründe, die Scrum Methodik als Scrum-Master zu lehren?

Für mich persönlich stellte sich vor einigen Jahren die Frage, wo meine berufliche Reise zukünftig hingeht. Meinen alten Job wollte ich an den Nagel hängen und mich neuen Themen widmen. Es kam die Sinnfrage in mir auf und was mir morgens Energie geben würde, um motiviert in den Tag starten zu können. Wichtig war zudem die Frage, womit ich echten Nutzen bzw. Mehrwert stiften könnte und woran ich Freude hätte. Außerdem musste ich meine Fähigkeiten hinterfragen und kritisch beleuchten. Mein Gefühl sagte mir, orientiere dich in Richtung IT bzw. Softwareentwicklung. Das hat sicher Zukunft. Aber wie? Gar nicht so einfach als Nicht-ITler. 

Die Antwort war Scrum, in Verbindung mit konkreten agilen Werten und Prinzipien, als Lösungsansatz für viele Fragestellungen in Unternehmen. Scrum war also mein beruflicher Einstieg in die IT und in die „agile“ Führung. So konnte ich in den letzten Jahren einige Teams erfolgreich auf ihrem Weg hinsichtlich agiler Produktentwicklung begleiten. Für Unternehmen hat dieses Vorgehen viele Vorteile. Aber dazu später mehr.

Erklären Sie unseren Lesern bitte: was genau ist Scrum bzw. der Scrum Master.

Scrum ist ein Rahmenwerk für agile Produktentwicklung. Es unterstützt Produktteams erfolgreich digitale und auch reale Produkte zu entwickeln. Scrum hilft den Teams sich zu organisieren, indem es eine gewisse Struktur vorgibt und damit Orientierung in den Abläufen schafft. Scrum definiert bestimmte Rollen, somit auch bestimmte Verantwortlichkeiten, wichtige regelmäßige Events bzw. Teamtermine sowie Artefakte und sorgt so für mehr Klarheit im Vorgehen. Die Methode ist leicht zu verstehen aber herausfordernd in der täglichen Umsetzung. Es braucht anfänglich viel Disziplin und die Entstehung gewisser Routinen. 

Scrum verfolgt einen inkrementellen, iterativen sowie empirischen Ansatz und bindet Kunden bzw. Nutzer aktiv in den Entwicklungsprozess mit ein. In der Softwareentwicklung beispielsweise geht es im Wesentlichen um die regelmäßige Überprüfung und Anpassung der neu entwickelten Software mit dem Nutzer. Es soll eine konstante, regelmäßige Auslieferung der neuen Funktionalitäten erreicht werden. Ziel ist es, den geschaffenen Kundennutzen schnell zur Verfügung zu stellen, damit auch der Geschäftsnutzen möglichst früh eintritt. Das investierte Unternehmenskapital wird somit nur kurz gebunden und kann schnell Wert generieren.

Der Scrum Master ist eine der festgelegten Rollen im Scrum Guide. Sozusagen der methodische und prozessuale Hüter. Er ist Trainer, Berater und Coach des Teams in der Anwendung von Scrum und eine Art Befähiger hinsichtlich agiler Produktentwicklung. Dazu gehört auch die Beseitigung von Hindernissen, die das Team potenziell verlangsamen, und einen guten Arbeitsfluss verhindern. Rahmenbedinungen zu verbessern und auch innerhalb der Organisation für ein besseres Verständnis von Scrum und agilen Werten und Prinzipien zu sorgen, zählt ebenso zu seinen Aufgaben. Der Job ist vielfältig und erfordert Flexibilität im Denken.

Auch für den Scrum Master ist Anpassungsfähigkeit essenziell. Genauso essenziell wie es für Unternehmen in einem dynamischen Wettbewerbsumfeld ist.

Sie sind ausgezeichnet als "Srum Alliance CSM"  - was genau bedeutet das?

Die Scrum Alliance ist einer der beiden großen Dachverbände weltweit. Sie definiert die Ausbildungsinhalte für die zertifizierten Aus- und Weiterbildungen und sorgt so für gewisse Mindeststandards in den Zertifizierungen. Das betrifft beispielsweise auch die Weiterbildungen zum Scrum Product Owner, Scrum Coach oder Scrum Trainer. Die Scrum Alliance betrachtet Scrum als branchenunabhängiges Rahmenwerk und sieht den Nutzen nicht nur in der Softwareentwicklung. Dahingehend unterscheiden sich die beiden großen Verbände und verfolgen unterschiedliche Visionen.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus Herr Steinmann? Wo liegen Ihre Aufgaben bei scrumdenken.de, und was machen Sie davon am liebsten?

Im Wesentlichen liegen meine Aufgaben in der Beratung, dem Training und Coaching von Führungskräften sowie Produktteams hinsichtlich agiler Produktentwicklung. Dabei liegt ein besonders starker Fokus auf Scrum. Aber auch andere Ansätze wie Kanban oder OKRs werden nachgefragt und sind in der Praxis relevant. Insbesondere wenn Projekt- oder Produktteams neu starten existiert ein hoher Beratungsbedarf. Die Unterscheidung zwischen Projekt und Produkt ist häufig nicht klar und wird oft vermischt. Ein Projektteam setze ich beispielsweise anders auf als ein Produktteam. Die Fragestellungen sind vielfältig und müssen individuell beleuchtet werden.

Die Einführung von agilen Methoden und Praktiken stellt für Unternehmen und den Teams in den Unternehmen häufig eine besondere Herausforderung dar. Hier können wir helfen und eng begleiten. So geht’s entspannter, aber auch effizienter voran. Die Einführung von Scrum macht mir persönlich am meisten Spaß. Gemeinsam mit dem Team die ersten Schritte zu gehen und die ersten Erfolge zu sehen ist sehr motivierend. Auch das persönliche Coachen des Product Owners ist spannend. Es ist schön zu erleben, wie die Dinge so entstehen und wie Menschen sich entwickeln. Ich mag auch den konstruktiven Diskurs über die Sinnhaftigkeit und Anwendung von bestimmten Methoden und Praktiken. Gleichzeit ist es aber auch wichtig einen gewissen Pragmatismus mitzubringen und nicht dogmatisch zu sein. Experimentierfreudigkeit und schnelles Lernen sind der Schlüssel für Erfolg und guten Fortschritt.

Was macht Sie und Ihr Team zum perfekten Coach?

Die Antwort ist einerseits einfach andererseits auch nicht. Denn wir sind auch Trainer und Berater. Lösungs- und Ergebnisorientierung wäre vermutlich wichtig zu nennen. Wir sind keine „Feel-Good-Manager“ oder „Partybeauftrage“. Das wollen wir auch nicht sein und dafür beauftragen uns die Unternehmen auch nicht. 

Wir wollen gemeinsam mit den Menschen in den Unternehmen schnellstmöglich konkrete Ergebnisse produzieren. Ergebnisse, auf die das Team stolz sein kann und Zufriedenheit erlangt. Dabei scheuen wir auch nicht unangenehme Widerstände oder Hindernisse sichtbar zu machen und mögliche Lösungen zu diskutieren. Auch über Teamgrenzen hinaus innerhalb der Organisation. Wichtig ist, dass das Team erfolgreich ist und die gesteckten Ziele erreicht. Am besten im Gleichklang mit den Zielen und der Vision des Unternehmens. Dabei ist es sehr wichtig, die Bedürfnisse, Situationen und Stimmungen der Menschen wahrzunehmen und zu berücksichtigen. Nur zufriedene und motivierte Mitarbeiter können langfristig begeisterte Kunden erzeugen und echte Innovationen hervorbringen. 

Dieses Verständnis fehlt manchmal in den Unternehmen. Deswegen sollte der Fokus besonders auf den Mitarbeiter gerichtet sein. Die Mitarbeiter sind das Fundament für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit Herr Steinmann? Bleibt denn viel davon, als Geschäftsmann in der modernen Zeit?

Gute Frage. Manchmal mehr und manchmal weniger. Aber im Grunde kann ich mich nicht beschweren. Das Zusammenspiel zwischen Beruf und Freizeit bekomme ich ganz gut hin. Wenn es gut läuft im Job und die Themen leicht von der Hand gehen, fühlt es sich gar nicht wie Arbeit an. Zum Ausgleich treibe ich regelmäßig Sport. 

Auf dem Golfplatz würden sie mich vermutlich öfter antreffen. Insbesondere in den sonnigeren Jahreszeiten. Vor einiger Zeit hätte ich nicht gedacht, dass mich Golf einmal so packen würde. Aber die Begeisterung ist da. Jetzt stehe ich regelmäßig auf dem Platz und genieße jede Minute. Beim Golf denke ich an fast nichts anderes außer an Golf. Das ist sehr angenehm. Abschalten und auf andere Gedanken kommen ist wichtig.

Hin und wieder kommt auch das Mountain Bike zum Einsatz. Joggen ist quasi Basisprogramm. Im Winter hin und wieder Ski fahren und den Schnee genießen. Im Winter liebe ich die Berge und im Sommer das Meer. Ich mag die Ostsee und verbringe sehr gern Zeit im Norden Deutschlands. Es ist gar nicht notwendig stundenlang irgendwo hinzufliegen. Sowohl an der Ostsee als auch an der Nordsee gibt es so viele schöne Flecken zum Erholen. Und außerdem kann ich dann immer ganz einfach und bequem mein Golfequipment im Auto dabei haben.

Coronabedingte Lockdowns haben die ganze Welt, besonders aber den Tourismus und die Gastronomie schwer erschüttert.  Wie haben Sie das alles gemeistert? Wie gehen Sie aus der Krise?

Beruflich war diese Zeit herausfordernd aber auch eine gute Zeit für mich als Scrum Master und Agiler Coach. Ich war tatsächlich voll ausgelastet und begleitete einige Projekte in der Zeit. Vielen Freiberuflerkollegen ist es da leider anders ergangen. Die größte Herausforderung - für mich persönlich - war das tägliche Alleinsein im Homeoffice. Wir Scrum Master leben in unserem Job davon die Stimmung im Raum wahrzunehmen, die Über-Tisch-Gespräche sowie das Kommen und Gehen. Ich brauche die Interaktionen zwischen den Menschen. Das plötzlich alles nur noch mittels digitaler Tools ablaufen sollte war anfangs etwas seltsam und gewöhnungsbedürftig. Am Ende haben wir aber auch das gemeistert und es lief dann sogar besser als gedacht. Wir Menschen wachsen mit den Herausforderungen. So heißt es doch, oder?

Wie sehr nutzen Sie als Privatperson Social-Media-Kanäle?

Ich habe Profile bei den wichtigsten Social Media Plattformen, nutze diese Plattformen mittlerweile aber nur noch sehr reduziert. Am intensivsten nutze ich tatsächlich Youtube und schaue hier meist Videos zu Themen wie Politik, Börse, Kryptowährungen, Kulturelles, Philosophie oder Golf. Anfangs habe ich auch hin und wieder an Diskussionen bei Facebook teilgenommen, allerdings ist die Diskussionskultur in meiner Wahrnehmung oft eher befremdlich. Ich habe daher für mich die Entscheidung getroffen hier nicht mehr so aktiv zu sein und meine Zeit anders einzusetzen. Hin und wieder ist es auch schön ein Buch zu lesen. Das letzte sehr spannende Buch war „Netflix – Keine Regeln“.

Was ist, in Ihren Worten, eine agile Organisationskultur?

Eine agile Organisationskultur steht für Wendigkeit, Flexibilität und die Fähigkeit sich schnell an veränderte Wettbewerbsbedingungen anzupassen. Dazu muss die Organisation in der Lage sein schnell zu lernen und auch Marktveränderungen zu antizipieren. Es muss also Freiräume zum Experimentieren und Ausprobieren geben, damit stetig Erkenntnisgewinn stattfinden kann. Vereinfacht könnte man sagen, dass die Geschwindigkeit des Lernens einer Organisation den Grad an Agilität bestimmt. 

Je langsamer eine Organisation lernt und je langsamer die gewonnenen Erkenntnisse umgesetzt werden bzw. in die tägliche Arbeit einfließen, desto schwieriger wird es für das Unternehmen sein, langfristig in einem dynamischen Wettbewerbsumfeld zu bestehen. Um sich als Organisation in diese Richtung zu entwickeln, bedarf es einer Dezentralisierung an Verantwortung und Entscheidungsbefugnissen. Je mehr Entscheidungen dezentral getroffen werden können, und vor allem dürfen, desto agiler im Regelfall die Organisation.

Motivator, Anpacker, Mitreißer, Ruhegeber, Beschützer, Befähiger sind nur einige der Bezeichnungen für Ihre Person. Was zeichnet Sie aus, warum sollte ein Unternehmen Sie und Ihr Team buchen?

Die aufgeführten Bezeichnungen spiegeln im Grunde die tägliche Arbeit wieder. Je nach Situation ist es erforderlich in unterschiedliche Typen und Rollen zu schlüpfen. Mal braucht das Team einen Motivator der Begeisterung und Energie versprüht, manchmal einen Ruhegeber, wenn Hektik und Unruhe ausbricht und ein anderes Mal wieder eine ganz andere Rolle. Flexibilität und der nötige Pragmatismus zeichnen uns aus. Das Team ist der Taktgeber. Wir reagieren auf Situationen und Stimmungen, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen. Relevante Themen voranbringen und Teams sowie die Organisation auf dem Weg zum Erfolg zu begleiten, ist das, was wir wollen. Wir möchten dabei unterstützen die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen. Wenn uns das gelingt, sind wir zufrieden.

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Als Scrum Master und Agile Coaches begleiten wir Unternehmen in ihrem Wandel zu einer agilen Organisation. Gemeinsam stellen wir die richtigen Weichen für mehr Erfolg und eine bessere Zukunft.

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