Dipl.-Ing. Dr. rer. pol. Werner Boysen

Als Diplomingenieur für Maschinenbau mit Ausrichtung auf Konstruktion und Entwicklung haben Sie sich mit 40 Jahren entschieden, als Unternehmensberater und Interim-Manager selbständig tätig zu sein. Was waren dazu die Beweggründe?
Dafür gab es zwei Beweggründe: Ich bin nach meinem Studium relativ schnell in Führungspositionen gekommen. Mit 31 war ich bereits in der Geschäftsführung eines mittelständischen Industrieunternehmens. Dabei entfernte ich mich zwangsläufig immer weiter vom „Selbst Gestalten“, was mir als Ingenieur am besten liegt. Ich fühlte mich zu stark in organisationale Zwänge eingebunden, und mein Arbeitsalltag war mir zu viel durch Administratives geprägt. Nachdem ich in verschiedenen Industrieunternehmen Erfahrungen gesammelt hatte, wollte ich meine Erkenntnisse auf einer breiteren Ebene „an Unternehmen“ einsetzen, statt „in Unternehmen“ Teil des Inventars zu werden.

Nach meiner Promotion in Betriebswirtschaft bot sich eine berufliche Station in der Deutsche Bank Consulting Group an, in einem hoch professionellen Umfeld das Handwerk der Unternehmensberatung zu lernen. Recht bald machte ich mich mit einem spannenden Auftrag von der Deutschen Bank als Managementberater selbständig und berate seit über 20 Jahren Führungskräfte in der Industrie und in industrienahen Dienstleistungen mit Schwerpunkt auf die Stabilisierung und Wertsteigerung von Unternehmen.

Herr Dr. Boysen, was war Ihr Ansporn, im Jahr 2021 zusätzlich die innovative, virtuelle Managementberatung www.consultingcheck.com aufzubauen und zu betreiben?
Die Idee dazu war tatsächlich schon 20 Jahre alt, nur der Entschluss zur Umsetzung hat lange gebraucht. Das hatte auch seine Gründe. Vor 20 Jahren waren die Fach- und Führungskräfte noch nicht genügend internet-affin und es gab auch kaum brauchbare Software, um das umzusetzen, was ich mir vorstellte. Heute ist das anders. Mit www.consultingcheck.com verfolge ich die Idee, möglichst vielen Fach- und Führungskräften grundlegendes Know-how zur Unternehmensführung zur Verfügung zu stellen. Ich biete Nutzern relevante Basisinformation mit anschaulichen Praxisbeispielen über das gesamte Management-Spektrum und stelle ihnen nützliche, praxisgerechte Rechenanwendungen, Formblätter, Checklisten und Whitepapers zu akzessiblen Preisen als Downloads zur Verfügung. 

Damit setze ich mich für die Demokratisierung des Management-Know-hows ein, um das Empowerment von Fach- und Führungskräften zu unterstützen. Denn nur von informierten Fach- und Führungskräfte können wir erwarten, dass sie Verantwortung übernehmen. Mittlerweile ist www.consultingcheck.com in englischer Sprache verfügbar und bald auch in spanischer Sprache. Damit hat consultingcheck schon eine große Reichweite.

Einer Ihrer Leitsätze ist: "Investieren Sie in Ihre betriebliche Gesundheit." Verraten Sie uns, was Sie damit meinen?
Ich greife auf, dass die Ausrichtung meines Geschäftes die Stabilisierung und die Wertsteigerung ist. Die Analogie zur Gesundheit ist geeignet, um regelnde Prozesse zu verstehen und in Organisationen nachzubilden. Eine funktionierende Regelung, wie die unserer Körpertemperatur, schafft Stabilität.

Auch die Wirkung von Training kann auf Organisationen übertragen werden, aber auch die Notwendigkeit der Rekuperation. Es gibt Phasen, in denen ein Sprint erforderlich ist, aber niemand kann ständig Höchstleistungen erbringen. Auch die Ernährung eignet sich als Metapher: Unternehmen ernähren sich von Information, Energie und Rohstoffen bzw. Vormaterialien, die mehr oder weniger effizient verarbeitet werden. Es geht um Aufklärung, um eine wirksame Vorsorge und um die Behandlung von organisationalen Krankheiten. Als Managementberater sind wir Hausarzt, Apotheker und manchmal auch Chirurg für Unternehmen, um deren Flexibilität und Anpassungsfähigkeit und schließlich deren Resilienz zu verbessern.

Wie sieht ein Arbeitsalltag bei Ihnen aus? Gibt es so etwas wie Alltag überhaupt in Ihrem Leben?
Bei großen Managementberatungsgesellschaftenhabe ich früh gelernt, mich auf Tätigkeiten zu konzentrieren, in die ich mit meinen Fähigkeiten einen Mehrwert einbringen kann, und für andere Tätigkeiten andere Experten einzusetzen. Meine Stärken liegen im kreativen Bereich und in der Entwicklung und Umsetzung von Lösungsansätzen.

Ich fühle mich immer noch als Ingenieur mit Schwerpunkt auf Konstruktion. Es begeistert mich, Neues zu bauen. Die strategische Ausrichtung, Produktmanagement, Innovation, Produktentwicklung, das liegt mir. Es gelingt mir auch gut, bewährte Lösungen zu verallgemeinern und sie anderen zur Verfügung zu stellen. Das mache ich ja auch mit www.consultingcheck.com. Dafür versuche ich mir hinreichend Zeit und Energie zu nehmen, während ich Verwaltungstätigkeiten gern delegiere.

Sie sind auch als Autor tätig, publizieren unter anderem zu den Prinzipien der Kybernetik in Bezug auf Management. Wie kam es dazu?
Mein Doktorvater hatte mich an die Kybernetik herangeführt. Kybernetik ist die Wissenschaft, die untersucht, wie Systeme funktionieren und wie sie in ihrem Verhalten gezielt beeinflusst werden können. Unternehmen sind soziale Systeme, deren Verhalten sich durch kommunikative Prozesse an den Schnittstellen zwischen Abteilungen und Bereichen, aber auch an den Schnittstellen nach außen definieren. Im Wesentlichen geht es um regelnde Rückkopplungsprozesse (Feedbacks), über die Unternehmen stabil gehalten werden – im Sinne einer ständigen Anpassung an ihr veränderliches Umfeld. 

In unserer zunehmend dynamisch-komplexen Wirtschaft wird die Fähigkeit zur strategischen und operativen Anpassung existenziell. Das habe ich vor vielen Jahren erkannt und mich seitdem darum bemüht, Erkenntnisse aus der technischen Kybernetik und aus der Sozialkybernetik auf Unternehmen zu beziehen. Die Arbeit an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Unternehmenspraxis ist für mich bereichernd. Ich bringe wissenschaftliche Erkenntnisse in meine Projekterfahrung ein und speise die gewonnene Praxiserfahrung über Veröffentlichungen in die wissenschaftliche Diskussion zurück. So bin ich Autor geworden und habe bisher 11 Fachbücher veröffentlicht. Empfehlen möchte ich das kleine praxisorientierte Buch mit dem Titel „Management-Kybernetik“, das 2021 im Carl Auer-Verlag erschienen ist.

Wie sehr nehmen soziale Medien Einfluss auf Ihren Alltag, aber auch auf Ihre Projekte? Nutzen Sie als Privatperson Social-Media-Kanäle?
Touché, Herr Blum. Mir ist bewusst, dass soziale Medien für geschäftliche Zwecke nützlich sein können, und ich bin bei den wesentliche Business-Anwendungen präsent. Allerdings nutze ich die Möglichkeiten längst nicht aktiv genug. Mit www.consultingcheck.com gehe ich die ersten Schritte bei LinkedIn, vernetze mich mit interessanten Menschen und lade sie ein, meiner Seite zu folgen. Ich finde es wirklich spannend, was mit Social-Media möglich ist, muss mir diese Möglichkeiten aber erst allmählich aneignen.

Was machen Sie denn so privat, Herr Dr. Boysen? Bleibt Ihnen denn noch Platz für Freizeit?
Mein Geschäft in der Managementberatung und das Startup www.consultingcheck.com sind schon zwei Fulltime-Jobs. In dieser Phase stelle ich viele andere Interessen zurück. Konsequent halte ich mich aber körperlich fit. Ich war Leistungsschwimmer und lebe immer richtig auf, wenn ich ins Wasser komme. Eigentlich hätte ich wohl ein Fisch werden sollen. Meine Begeisterung für Oldtimer beschränkt sich darauf, dass ich gelegentlich eine meiner französischen Göttinnen bewege. Zum Schrauben komme ich aber so gut wie gar nicht. Zur Entspannung spiele ich gern Klavier. Während der Corona-Zeit haben meine Frau und ich das Spazierengehen entdeckt. Man kann ja gar nicht hoch genug einschätzen, was uns die Natur gibt.

Was bedeutet Heimat für Sie, was macht speziell die Rheinland-Pfalz-Region zu Ihrer Heimat?
Ich bin in Hildesheim ausgewachsen. Bevor ich 1996 mit meiner Familie berufsbedingt nach Koblenz gekommen bin, haben wir in Barcelona, in Burgos und in Zürich gelebt. Koblenz, die einzige Stadt am Rhein und an der Mosel, ist wirklich ein schönes Städtchen geworden, in dem wir eigentlich alles finden, was wir brauchen. Eine Stadt am Wasser hat für mich immer einen besonderen Charme. Mit der Buga 2011 hat sich Koblenz deutlich entwickelt. Als Familie hat Koblenz die ideale Größenordnung. Wir können hier jeden Punkt innerhalb weniger Minuten erreichen. Es macht immer Spaß, durch die Altstadt zu schlendern. Aber auch das Koblenzer Umfeld bietet viel, und zwar nicht nur für Touristen. Wir haben hier auch sehr schöne Fahrradstrecken. Eine Region, in der Wein wächst, ist lebenswert. Das wussten schon die alten Römer.

Ob Corona-Pandemie, Krieg und hohe Inflation: Wie gehen Sie persönlich damit um? Wie hat es aber im Speziellen auch die Unternehmensberatung verändert?
Die Ereignisse der vergangenen Jahre, die ja alle noch nicht bewältigt sind, haben Einschnitte verursacht, auch in meinem Denken. Wenn wir uns von persönlichem Leid, das Vielen widerfährt, lösen, bestärkt sich meine Erkenntnis, dass starke Abhängigkeiten immer kritisch betrachtet werden sollten, und dass Disruptionen keine Hirngespinste sind, sondern Realitäten.

Geschäftlich habe ich im Frühjahr 2020 mit den einsetzenden Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Infektionen erlebt, dass die Nachfrage nach Sanierungsprojekten abrupt abgerissen war. Viele kriselnde Unternehmen mussten keinen Antrag auf Gläubigerschutz stellen und wurden durch das Instrument der Kurzarbeit lange staatlich durchfinanziert. Da die Sanierung von Unternehmen eines meiner Schwerpunktthemen war, musste ich mir schnell etwas Neues einfallen lassen. Ich musste mich selbst anpassungsfähig zeigen. Im Ergebnis nahm ich Mandate zur Einführung ausländischer Unternehmen in den deutschen Markt an. Dabei geht es darum, einen Fit zwischen den Marktleistungen und den Erwartungen deutscher Kunden herzustellen und schlagkräftige Organisationen aufzubauen.

Auch www.consultingcheck.com ist gedanklich in dieser Zeit gereift. Eine virtuelle Anwendung zur Managementberatung erspart unserer Umwelt CO2-Immissionen und funktioniert auch bei verordneten Kontaktbeschränkungen.

Wir arbeiten seit Beginn der Corona-Zeit viel mehr im Büro, sind in der Durchführung von Video-Konferenzen virtuoser geworden und verbringen viel weniger Zeit auf der Straße. Unter dem Strich haben die Effektivität und die Effizienz unserer Arbeit als Managementberater klar zugenommen.

Sie haben Ihren Firmensitz im Klostergut Besselich bei Koblenz. Warum finden wir Sie genau an diesem Ort?
Auch das hat mit der Virtualisierung meiner Arbeit zu tun; allerdings liegt diese Veränderung schon fast 10 Jahre zurück. Bis dahin war ich in einem relativ geräumigen Büro im Koblenzer Industriegebiet. Ich hatte bis zu 18 angestellte Mitarbeiter, bis ich beschloss, mein Geschäftskonzept und meine Unternehmensstruktur umzustellen. Ich arbeite heute fast ausschließlich mit freien Mitarbeitern zusammen, die ich gezielt in meine Projekte einsetze. Meine Klienten erhalten genau die Expertise, die sie gerade brauchen, und ich halte kaum noch Personalressourcen vor. Das macht mein Geschäft effizienter und die Ergebniss besser. Ich kann selbst wieder mehr in Projektarbeit wirken, und verbringe weniger Zeit mit Verwaltungsarbeit. Außerdem habe ich dadurch spürbar an Lebensqualität gewonnen.

Das Klostergut Besselich bot sich in dieser Metamorphose als mein neuer Geschäftssitz in unvergleichlich tollem Ambiente an. Hier haben wir Ruhe, um uns auf kreative Prozesse zu konzentrieren. Wir sehen aus dem Büro auf den Rhein und die Insel Niederwerth hinunter. Das verleiht uns Innere Form – ganz im klösterlichen Sinne.

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consultingcheck ist eine digitale Plattform für Unternehmensberatung, die sich an Fach- und Führungskräfte in Betrieben aller Branchen, Größenordnungen und Lebenszyklusphasen richtet.

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