Reiner Meutsch

Herr Meutsch, Sie waren Geschäftsführer des Reiseveranstalters Berge & Meer, wie kam die Entscheidung diese Karriere zu beenden? Was waren die Beweggründe? Was haben Sie dadurch gewonnen – oder auch verloren?
Ich hatte, seit ich Anfang 30 war, mit meinem Geschäftspartner zusammen den Reiseveranstalter Berge & Meer aufgebaut und zum Marktführer im Reise-Direktvertrieb in Deutschland gemacht. Irgendwann an der Spitze meines beruflichen Erfolges fragte ich mich, ob ich innerlich wirklich glücklich bin. Ich dachte an den Lebenstraum meines Vaters. Er wollte – wenn er in Rente wäre – die Welt bereisen, die Freiheitsstatue und die Golden Gate Bridge sehen. Er verstarb mit 58 Jahren und ist nie gereist. Und dann wurde mir klar: Man muss seine Träume rechtzeitig realisieren. Es ist Zeit für einen Wandel! Ich hörte auf mein Herz, ließ mich zum Piloten ausbilden, verkaufte meine Unternehmensanteile und flog im Jahr 2010 mit einem Kleinflugzeug durch 77 Länder, um Kindern Bildung zu ermöglichen. Meine dafür gegründete Stiftung FLY & HELP ist seitdem mein neues und sehr erfüllendes Lebensziel! Mich macht es glücklich, in die strahlenden Augen der Kinder bei Schuleinweihungen zu blicken. Ich bereue nicht, meine Karriere bei Berge & Meer beendet zu haben. Es war der richtige Zeitpunkt für mich.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus Herr Meutsch?
Ich reise oft in unsere Projektländer, um gemeinsam mit den Spendern deren Schulen zu besuchen und einzuweihen. Dies ist in den letzten zwei Jahren durch Corona etwas weniger geworden, aber ich bin zuversichtlich, dass die Reisen in 2022 wieder zunehmen werden. Außerdem treffe ich mich mit vielen Menschen, die Interesse an unserer Stiftungsarbeit haben und organisiere gemeinsam mit meinem Team die Schulprojekte. Ich halte Vorträge vor z.B. Rotary und Lions Clubs und fahre zu Scheckübergaben oder präsentiere bei Spenderveranstaltungen unsere Projekte. Jeden Sonntag moderiere ich meine Radiosendung „Mein Abenteuer“ bei Radio RPR. Mehrmals im Jahr habe ich eine eigene TV-Show bei Sonnenklar TV, die ich gemeinsam mit meiner Tochter Jessina moderiere. Mein Hobby ist das Hubschrauberfliegen. Wir führen zugunsten unserer Stiftung auch deutschlandweit Hubschrauber-Rundflugtage durch. Und jeden Herbst toure ich gemeinsam mit Künstlern aus aller Welt mit meiner Live-Show „Abenteuer Weltumrundung“ quer durch Deutschland. 

Wie sehr nehmen Soziale Medien Einfluss auf Ihren Alltag, aber auch auf Ihre Projekte? Nutzen Sie als Privatperson Social-Media-Kanäle?
FLY & HELP ist bei Facebook und Instagram aktiv. Meine Mitarbeiter betreuen die Kanäle. Natürlich sind die Sozialen Medien heutzutage sehr wichtig, um Präsenz zu zeigen und unsere Förderer mit aktuellen Informationen auf dem Laufenden zu  halten. Privat war ich einige Male bereits auf Clubhouse aktiv. Mir fehlt nur leider die Zeit, um einen privaten Social Media Kanal zu pflegen.

Vom Manger – zur Weltumrundung mit dem Kleinflugzeug – zum Gründer einer Stiftung, die Schulen in Entwicklungsländern baut. Wie passt all das zusammen?
Ich bin in meinem Beruf viel gereist. Meist stand die Frage nach der touristischen Vermarktung im Vordergrund. Doch viele Traumreiseziele bieten den Einheimischen gar keine traumhaften Bedingungen. Besonders tragisch finde ich es, wenn Kinder keinen Zugang zu Schulbildung haben – und damit keine Perspektive. Daher war es schon immer mein Wunsch, den Kindern der Länder, durch die wir mit Berge & Meer Erfolg hatten, etwas zurückzugeben und ihnen eine bessere Zukunft zu schenken. Da Fliegen – egal ob mit dem Hubschrauber oder Kleinflugzeug – auch eine Leidenschaft von mir ist, habe ich beides miteinander verbunden: Ich bin um die Welt geflogen und habe dabei Bildungsprojekte in 5 verschiedenen Ländern gefördert. Nach den sehr emotionalen Schuleröffnungen bei meiner Weltumrundung, habe ich die Vision entwickelt, in den nächsten 20 Jahren 100 Schulen errichten zu wollen. Daraus sind nun innerhalb von 12 Jahren schon 560 Schulen geworden. Ich bin unseren treuen Spendern sehr dankbar, dass sie diesen Erfolg ermöglicht haben!

Wie läuft denn so ein Projekt, ein neuer Schulbau ab? Wer legt fest, wo das neue Projekt entstehen soll?
Wir arbeiten in unseren 52 Projektländern immer mit erfahrenen Partnerorganisationen vor Ort zusammen, die unsere Projekte betreuen. Gemeinsam mit dem Bildungsministerium des jeweiligen Landes besprechen unsere Partner, wo der nächste Schulbau am dringendsten benötigt wird. Es ist wichtig, die Bevölkerung vor Ort von Beginn an in das Projekt mit einzubeziehen. Unsere Partner haben jahrzehntelange Erfahrung im Bau von Schulen in den Projektländern. Sie schlagen uns Projekte vor, die wir genau auf die Förderwürdigkeit prüfen und anschließend unseren interessierten Spendern anbieten. Ab dem Baubeginn halten wir unsere Spender über die Baufortschritte regelmäßig auf dem Laufenden. Nach Fertigstellung wird das Gebäude in der Regel an den Staat übergeben, der sich um den Betrieb der Schulen und die Einstellung der Lehrer kümmert. Wir garantieren, dass jeder Spenden-Euro 1:1 im Projekt ankommt – ohne Abzug von Verwaltungskosten. Alle Kosten meiner Stiftung trage ich privat oder diese werden von Sponsoren übernommen.

Wie kann man Ihre Projekte unterstützen Herr Meutsch?
Ein kompletter Schulbau kostet ca. ab 50.000 Euro. Es gibt auch kleine Vorschul-Projekte für ca. 30.000 Euro. Ein Spender kann entweder ein komplettes Projekt finanzieren. In dem Fall würden wir auch ein Spenderschild mit seinem Namen an das Gebäude hängen und er hat die Möglichkeit, das Projekt auf eigene Kosten zu besuchen. Aber natürlich freuen wir uns genauso über eine 5-Euro-Spende, denn jeder einzelne Euro zählt und mit jeder Spende können wir weiteren Kindern ein besseres Leben durch Bildung ermöglichen. 

Für Ihr außerordentliches Engagement haben Sie im September 2020 das Bundesverdienstkreuz verliehenen bekommen – was bedeutet das für Sie?
Das ist eine ganz besondere Ehre und Wertschätzung – nicht nur für mich, sondern auch für mein gesamtes Team! Die Auszeichnung gibt uns noch einmal Rückenwind für unsere engagierte Arbeit.

Video: Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Reiner Meutsch für seine Stiftung FLY & HELP


Was machen Sie denn so privat, Herr Meutsch? Bleibt Ihnen denn noch Platz für Freizeit?
Privat gehe ich gerne mit meiner Lebensgefährtin und unserem Hund Yoshi am Rhein spazieren. Wir gehen ins Kino und reisen viel. Auch meinem Heimatort Kroppach im Westerwald bin ich sehr verbunden. Ich engagiere mich für den lokalen Fußballverein und trinke auch gerne in der Dorfkneipe mal ein Bier mit meinen „alten“ Freunden.

Warum Rheinland-Pfalz, Herr Meutsch? Wie sehr, sind Sie hier beheimatet, verwurzelt, gebunden? Sie waren immer viel in der Welt unterwegs, und sind doch hiergeblieben – wie kommt’s?
Ich bin ein Westerwälder und sehr bodenständig. Ich freue mich nach jeder Reise auch wieder auf Zuhause. Meine Mutter ist 90 Jahre alt und wohnt nur 300 Meter von mir entfernt. Ich habe meine Freunde hier und finde es schön, bei einem Bummel durch die Stadt jeden Zweiten zu kennen. Aus diesem Grund bin ich auch Botschafter des Westerwaldes geworden. Wir haben eine wunderschöne Heimat – da braucht man nicht in die Ferne abzuwandern.

Zwischen Wirtschaftskriese und Corona-Pandemie: Wie behalten Sie einen klaren Kopf? Wie sehr beeinflussen diese zwei Dinge aber auch Ihre Projekte?
Ich bin ein optimistisch denkender Mensch und vertraue immer darauf, dass es nach einer schwierigen Zeit auch wieder bergauf geht. Für mich ist das Glas immer halbvoll und nicht halbleer. Natürlich ist die Corona-Krise für niemanden einfach. Wir betreiben noch einen Reiseveranstalter, mit dem wir u.a. die Reisen für unsere Spender zu den Stiftungsprojekten organisieren. Nun mussten wir im zweiten Jahr in Folge alle Reisen erneut verschieben, obwohl wir noch vor 6 Monaten optimistisch waren, dass ab jetzt alles wieder normal laufen kann. Das ist schon frustrierend. Aber unsere Schulbauprojekte laufen mittlerweile alle wieder normal. Wir hatten von März bis Juli 2020 einen Baustopp in den meisten Ländern, weil noch jeder von der Pandemie sehr verunsichert war. Aber seit Mitte 2020 gehen die Arbeiten normal weiter – allerdings mit etwas höheren Kosten durch die Steigerung der Baupreise. Wir hatten in diesem Jahr sogar ein Rekordjahr mit über 120 neuen Schulprojekten.

Dieses Interview wurde exklusiv für die virtuelle Rheinland-Pfalz-Messe gegeben.

FLY & HELP

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Hauptziel von FLY & HELP ist die Förderung von Schulbildung. Mit Hilfe der Spenden errichten wir schwerpunktmäßig neue Schulen in Entwicklungsländern.

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